Ahnengalerie
Anna Maria Theresia Freiin von Landsberg (1710–1765)
Am Anfang der Wocklumer Hütte steht eine Frau, aber nicht die, die ihr später den Namen gibt. Sondern es ist die 1710 geborene Anna Maria Theresia Freiin von Landsberg. Mit 22 heiratet sie Franz Kaspar Ferdinand von Landsberg. Der ist zwar ein ehemaliger katholischer Geistlicher, aber mit päpstlicher Erlaubnis aus dem Priesterstand ausgeschieden. Sein ältester Bruder hatte, wie damals in adligen Familien üblich, den kompletten Besitz geerbt, starb aber ohne männlichen Nachkommen. Deshalb darf Franz als Zweitgeborener den geistlichen Stand verlassen, um den Erhalt der Familie zu sichern. Anna, die bei der Heirat 40 Jahre junger ist als ihr 62jahriger Mann, gebiert 1735 den ersehnten Sohn und Stammhalter. Er wird nach dem Landesherrn, dem damaligen Fürstbischof von Köln, Clemens August genannt. Vermutlich erst nach dem Tod Franz Kaspar Ferdinands im Jahre 1748 lässt Anna mit den Bauarbeiten an der Wocklumer Hütte und an anderen Gewerbebetrieben beginnen. Wahrscheinlich wirft die Landwirtschaft nicht mehr genug Erträge ab, um die Familie standesgemäß zu versorgen.
Clemens August von Landsberg (1735–1785)
Im Alter von 22 Jahren übernimmt Clemens August von Landsberg 1758 die Verwaltung des Familienbesitzes. Im gleichen Jahr wird auch die Wocklumer Hütte erstmals in Betrieb genommen. Die Nachfrage nach Eisenprodukten ist gerade besonders groß, denn Preußen und Österreich kämpfen seit 1756 im Siebenjährigen Krieg um den Besitz Schlesiens. Auch Frankreich, Russland, Schweden, England und andere Machte beteiligen sich an dem Konflikt. Dadurch bekommt das Ganze eine europäische Dimension und in solch einem großen Krieg steigt der Verbrauch an Eisen, z.B. für Kanonenkugeln, stark an. Clemens August baut den Familienbesitz konsequent zu einem kleinen Konzern aus. Als er 1785 im Alter von nur 50 Jahren verstirbt, gehört dazu alles, was man zur Eisenerzeugung und - verarbeitung braucht: Wälder, aus denen die Holzkohle kommt, Gruben, in denen das Erz gewonnen wird, Hütten, die das Roheisen erzeugen, sowie Gießereien und Hammer, in denen es weiterverarbeitet wird. Auch eigenen Kalk baut man ab, der ein wichtiger Zuschlagstoff bei der Verhüttung des Eisens ist. Durch die Heirat von Clemens August mit Anna Theresia Reichsfreiin von Velen kommt ein Gut im Münsterland in den Besitz der Familie, die seitdem den Namen „von Landsberg-Velen“ trägt.
Paul Joseph von Landsberg-Velen (1761–1800)
1761 wird ihr Sohn Paul Joseph von Landsberg-Velen geboren. Er richtet sein Leben nicht so stark wie sein Vater an den Interessen des Geschäftes aus. Als er 1785 den Familienbesitz übernimmt, hat er eine sehr gute Ausbildung genossen. Er gilt als hervorragender Mathematiker und ist, so berichten die Quellen „ein Aristokrat edler Prägung, den Sanftmut und Edelmut“ auszeichnen. Während seines Studiums schließt er sich in Münster einem Kreis von katholischen Adligen an, der „familia sacra“. In diesem Kreis wird Religiosität entgegen dem aufklärerischen Trend der Zeit als etwas tief Empfundenes verstanden, als Hingabe an Gott und die Kirche. Für Paul Joseph haben die Gewerbebetriebe nicht nur den Zweck, den Lebensunterhalt seiner Familie zu sichern. Er will mit dem Geld anderen Menschen Gutes tun. Als er im Jahre 1800 mit nur 39 Jahren stirbt, hat er die enorme Summe von fast 57.000 Reichstalern an kirchliche und karitative Institutionen gespendet. Große Investitionen in den familieneigenen Gewerbebetrieben gibt es daher während seiner Zeit nicht, so dass diese in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung beeinträchtigt werden.
Theresia Caroline von Landsberg-Velen (1765–1805)
Paul Josephs Frau, die 1765 geborene Theresia Caroline Gräfin von Wolff-Metternich zur Gracht, übernimmt nach dem Tod ihres Mannes die Verwaltung des Familienbesitzes, denn ihr gemeinsamer Sohn Ignaz ist noch nicht volljährig. Während in ganz Europa die Napoleonischen Kriege viel Leid und umwälzende Veränderungen bringen, bemüht sie sich, den Familienbesitz zusammenzuhalten und die wirtschaftliche Grundlage der Wocklumer Hütte zu sichern. Da auch sie sehr jung 1805 im Alter von nur 40 Jahren verstirbt, hat sie keine Zeit, eigene Ideen in Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung der Gewerbebetriebe umzusetzen. Bis zur Volljährigkeit ihres Sohnes fungiert dessen Großonkel Mathias von Landsberg als Vormund.
Ignaz von Landsberg-Velen (1788–1863)
Der 1788 geborene Ignaz von Landsberg-Velen ist, wie sein Vater, sehr gut ausgebildet, hat in Münster und Heidelberg Jura studiert und halb Europa bereist, wie es damals bei Adligen üblich ist. Im Mai 1810 ist er alt genug, das Familienerbe anzutreten. In Wocklum wird er von einem Stab erfahrener Beamter unterstützt. Während der ersten Jahre kann Ignaz kaum Akzente setzen. Dies liegt wohl an der unklaren politischen Situation und den Wirren der Napoleonischen Kriege. Erst als nach dem Wiener Kongress Stabilität eintritt und Wocklum mit dem Herzogtum Westfalen zu Preußen kommt, verbessert sich die Situation der landsbergschen Betriebe deutlich. Schon bald entwickelt Ignaz viele Aktivitäten. 1822 gründet er eine Chemische Fabrik und setzt bei der Gewinnung der immer knapper werdenden Holzkohle neue Technologien ein. 1834/35 wird die Wocklumer Anlage zum ersten Mal komplett erneuert. In dieser Zeit betätigt Ignaz sich auch politisch als Landtagsmarschall, eine Art Landtagspräsident, und wird für seine Verdienste 1840 in den erblichen Grafenstand erhoben. 1854/55 erfolgt eine zweite Erneuerung der Hütte und der Einbau der damals modernen technischen Ausstattung, die wir heute noch vorfinden. Trotzdem ist das Wocklumer Roheisen nach dem Bau der Eisenbahn in den 1860er Jahren nicht mehr konkurrenzfähig. Zwei Jahre nach dem Tod Ignaz Graf von Landsberg-Velens wird der Betrieb der Wocklumer Hütte 1865 für immer eingestellt.
Luise von Landsberg-Velen (1797–1866)
Verheiratet ist Ignaz mit Luise, einer geborenen Reichsgräfin von Westerholt und Gysenberg, die der Wocklumer Hütte ihren Namen gibt. 1834/35 wird die Hütte nach langen Diskussionen zwischen Ignaz und seinen Beamten komplett erneuert. Es wird zwar nicht der von dem preußischen Beamten Zintgraff vorgeschlagene runde Hochofen gebaut, sondern eine niedrigere Version mit viereckigem Querschnitt. Insgesamt werden die Umbaumaßnahmen aber so zukunftssicher durchgeführt, dass man bei der zweiten Renovierung des Hochofens zwanzig Jahre später keine neuen Gebäude errichten muss, sondern nur wenige Ergänzungen und Anbauten. Bei der feierlichen Eröffnung der erneuerten Hütte 1835 wird diese zu Ehren Luise von Landsberg-Velens „Luisenhütte“ genannt. Sie stirbt 1866, da ist die Hütte bereits seit einem Jahr stillgelegt. Ihre Kinder lassen das Gebäude nicht abreißen. Dies liegt möglicherweise nicht nur an den Kosten, die ein solcher Abbruch verursacht hätte, sondern vielleicht auch daran, dass die Hütte den Namen der Mutter trägt.